Wenn wir ein Thema als wichtig und richtig erkannt haben, dann bleiben wir am Ball. In Punkto Fußwege hat sich das nun ausgezahlt. SPD und Grünen haben nicht etwa mit der FDP einen besseren Schutz der Fußwege beschlossen, sondern mit der FRAKTION. Der gemeinsame Antrag „Fußverkehr nachhaltig sicher und attraktiv gestalten“ [1] ist mit Unterstützung der Linken in der Ratsversammlung am 10.06.2021 mit ordentlicher Mehrheit angenommen worden.
Hintergrund: Die Anträge von Seniorinnenbeirat [2] und der FRAKTION [3] zum Fußverkehr [4] von 2020 – und zuletzt ein weiterer Antrag des SSW [5] – waren von der Kooperation (SPD, Grüne, FDP) im Bauausschuss mehrfach zurückgestellt worden. Die Kooperation begründete dies damit, dass man zuerst eine umfangreiche Stellungnahme der Verwaltung zum Verkehr in Kiel abwarten wolle. Diese wurde schließlich zur Sitzung des Bauausschusses am 25.03. vorgelegt. Bezüglich des Fußverkehrs spricht die Verwaltung darin erstaunlich offen Klartext.
Hier einige Passagen aus besagter Mitteilung „Verkehrswende in Kiel – Planungsgrundlagen, Sachstand und weiteres Vorgehen“ (Drs. 0285/2021) [6]:
6. Durchsetzung des Ordnungsrechts
Falschparker*innen auf Gehwegen und Gehwegquerungen behindern den Fußverkehr und gefährden diesen. […] Zur Erreichung der im Verkehrsentwicklungsplan, sowie den Masterplänen und anderen Konzepten festgelegten Ziele, ist es notwendig, das Falschparken konsequent zu ahnden.
7.2 Weitere Konflikte
Zu berücksichtigen ist, dass Maßnahmen zur Förderung des Fußverkehrs häufig in Konflikt mit bestehenden illegalen wie legalen (Gehweg-)Parkplätzen stehen. An zahlreichen Stellen in Kiel ist das sogenannte legalisierte Gehwegparken möglich (Zeichen 315 StVO). Dies führt dazu, dass der Platz für Fußgänger*innen reduziert ist. Insbesondere für Menschen, die auf einen Rollator oder Rollstuhl angewiesen, aber auch für Menschen, die mit einem Kinderwagen unterwegs sind, führt dies zu Problemen. Eine barrierefreie und sichere Gehwegführung ist an einigen Stellen nur möglich, wenn das Gehwegparken aufgelöst wird. An manchen Stellen entspricht das legalisierte Gehwegparken auch nicht mehr den Vorgaben der VwV-StVO. […] Aufgrund der Kieler Standards (siehe 2.6) sollte die Freihaltung von Gehwegen (insbesondere vom illegalen) Parken ein höheres Gewicht erhalten.
Diese Offenheit der Verwaltung wurde von der FRAKTION sowohl im Wirtschafts- als auch im Bauausschuss ausdrücklich gelobt. Denn immerhin besteht seither ganz offiziell Klarheit darüber, dass nicht die Autos von den Fußgängerinnen verdrängt werden (wie die CDU es gerne darstellt), sondern, dass sehr häufig falsch parkende Autos den Fußgängerinnen die Fußwege wegnehmen.
Im Zuge dessen haben zumindest SPD und Grüne den deutlichen Handlungsdruck gesehen und sind im Bauausschuss auf alle drei Antragsteller – also den Seniorinnenbeirat, SSW und die FRAKTION – zugegangen. Der Vorschlag: Lasst uns einen gemeinsamen Antrag auf den Weg bringen. Unserem Eindruck nach war diese Angebot ernst gemeint und da es im Sinne der Sache ist haben wir das Angebot gerne angenommen. Der Seniorinnenbeirat war an der gemeinsamen Antragsentwicklung auch beteiligt, da er nicht zur Ratsversammlung gehört konnte er allerdings nicht mit auf den Antrag draufgehen. Die SSW-Fraktion ist nicht auf den Antrag mit draufgegangen. Ihr war es wichtig, dass der Satz „Kiel wird Fußgängerstadt“ mit in den Antragstext aufgenommen wird und nicht bloß in der Begründung steht. Darauf wollte sich die SPD allerdings nicht einlassen.
Als FRAKTION sind wir mit dem Antrag ziemlich zufrieden. Die von uns zu den Haushaltsberatungen 2021 beantragte, damals jedoch nicht bewilligte Gehwegbeauftragte soll nun kommen. Das Gehwegparken wird überprüft und schrittweise zurückgenommen werden. Außerdem konnten wir im Antrag unterbringen, dass das Falschparken stärker kontrolliert und geahndet werden soll. Denn dies ist in sehr vielen Quartieren das Fußwegeproblem schlechthin. Beispiel Holsteinisches Quartier. Dort werden jede Nacht rund 480 Fahrzeuge gezählt, obwohl es laut Verwaltung nur 214 Parkplätze gibt, die der Straßenverkehrsordnung entsprechen. Es stehen also weit über 250 Autos vorzugsweise unerlaubt auf den Gehwegen. Dass dort für Ältere, Kinder auf dem Rad und Rollstuhlfahrerinnen kein Vorbeikommen mehr möglich ist, das zeigen unsere Beitragsbilder.
Auch politisch ist unsere Initiative sehr interessant, denn erstmals hat die Kooperation (SPD, Grüne, FDP) nicht zusammengehalten. Die FDP wollte den Autofahrerinnen einfach nicht auf die Füße treten und daher nicht mitgehen. Das war SPD und Grünen offensichtlich wumpe bzw. sie wollten sich beim Thema Verkehrswende wohl einfach nicht mehr von der FDP bremsen lassen [7]. Nun lag es denn also an uns – der FRAKTION – die richtige Politik für Kiel nicht nur anzustoßen, sondern mit auf den Weg zu bringen.
So sollte es häufiger laufen, denn wir sind uns sicher: unsere Stadt wird davon profitieren!
Zitierte Quellen:
1. Fußverkehr nachhaltig sicher und attraktiv gestalten, Interfraktioneller Antrag (SPD, Grüne, FRAKTION), Drs. 0546/2021, 10.06.2021:
https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=25245
2. Gestaltung der Fußwege, Seniorinnenbeirat, Drs. 1146/2020, 03.12.2020: https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=24682
3. Verkehrsräume des Fußverkehrs besser schützen – Barrierefreiheit weiterhin verbessern, Die FRAKTION, Drs. 0931/2020, 28.10.2020: https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=24467
4. Fußwege besser schützen!, Blogbeitrag auf die-fraktion-kiel.de, Die FRAKTION Kiel, 03.12.2020: https://die-fraktion-kiel.de/fusswege-besser-schuetzen/
5. Kiel wird Fußgängerstadt, SSW, Drs. 0026/2021, 12.01.2021: https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=24732
6. Verkehrswende in Kiel – Planungsgrundlagen, Sachstand und weiteres Vorgehen, GM der Verwaltung Büro OB, Drs. 0285/2021, 16.03.2021: https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=24990
7. FDP verschiebt Kooperationsentscheidung, Kieler Nachrichten, 15.10.2021: https://www.kn-online.de/Kiel/Ampel-Buendnis-in-Kiel-FDP-verschiebt-Entscheidung-ueber-Kooperation
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