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Ratsversammlung mag Umweltzone nicht mal prüfen

Seit 2011 verstößt die Stadt Kiel am Theodor-Heuss-Ring (THR) gegen die gesetzlich geltenden Grenzwerte zur Luftreinhaltung. Das Urteil des Oberlandesgerichtes (OVG) in Schleswig ist an dieser Stelle klar: Der aktuelle Luftreinhalteplan reicht nicht aus. Wir haben daher die Prüfung einer Umweltzone beantragt. Damit wäre Kiel für Ausweichverkehre gewappnet, die infolge gerichtlich angeordneter Durchfahrtsbeschränkungen auf dem THR drohen.

Seit 2011 verstößt die Stadt Kiel am Theodor-Heuss-Ring (THR) gegen die gesetzlich geltenden Grenzwerte bei der Belastung der Atemluft. Das Oberlandesgerichtes (OVG) in Schleswig gab einer Klage der Deutschen Umwelthilfe daher recht: Die aktuell im Luftreinhalteplan (LRP) für Kiel festgelegten Maßnahmen reichen nicht aus, um die vorgeschriebene Luftreinheit zu erreichen. Dass in Kiel keine akute Durchfahrtsbeschränkung für besonders schmutzige Diesel droht liegt einzig allein daran, dass die Stadt sowie das Land Revision gegen das Urteil des OVG eingelegt haben. Damit haben sie in erster Linie ein bis zwei weitere Jahre Zeit erkauft, ehe ein endgültiges Urteil gefällt ist und die Luft auch wirklich sauberer sein muss.

Immer weiter Zeit zu schinden ist umweltschädlich und unsozial

Wir finden das nicht besonders umweltfreundlich und zudem äußerst unfair und unsozial gegenüber den Menschen, die am THR seit nun bald 10 Jahren mit unzulässigen Luftwerten leben müssen.

Völlig unabhängig davon wie man dazu steht, sollte man sich jedoch auf die Möglichkeit gefasst machen, dass die ganz schmutzigen Diesel-Pkw spätestens 2022 nicht mehr über den THR fahren dürfen. Diese Fahrzeuge werden sich dann Ausweichstrecken suchen. Der Oberbürgermeister (OB) selbst sagte dazu in der Ratsversammlung am 20.08., dass dann auf der Alten Lübecker sowie der Hamburger Chaussee über einen Zeitraum von drei Jahren 15 Millionen Umwege gefahren würden [1].

Wir haben daher beantragt, die Errichtung von Umweltzonen für das Straßendreieck THR, Alte Lübecker sowie Hamburger Chaussee zu prüfen [2]. Würde man diese Option im Luftreinhalteplan (LRP) verankern, wäre die Stadt für den Fall, dass gerichtlich angeordnete Durchfahrtsbeschränkung kommen entsprechend vorbereitet und könnte sehr schmutzige Diesel auch von diesen Strecken verbannen. Dass das auch wirklich funktioniert sagt zumindest das Bundesumweltamt. So hätten Umweltzonen dafür gesorgt, dass in Berlin mehr als 50.000 Fahrzeuge mit Filtern nachgerüstet worden sind [3].

Laut SPD sind Umweltzonen nichts weiter als „Hass auf die Autofahrer“

Gegen unseren Vorstoß haben sich vor allem die SPD sowie die CDU Fraktion gewandt. Allerdings weniger mit Argumenten als vielmehr mit dem Vorwurf, dass aus unserer Forderung nach einer Umweltzonen-Prüfung nichts weiter als „Hass auf die Autofahrer“ (SPD) sprechen würde. Sachargumente gegen unseren Antrag führte im Grunde nur OB Ulf Kämpfer ins Feld. So würden Umweltzonen erstens „normalerweise im Innenstadtbereich“ errichtet und zweitens wäre unsere Forderung nicht machbar, da die Festschreibung einer Umweltzone im LRP einen Rechtsverstoß darstellen würde. Genau auf die Frage, ob das wirklich so ist, hätte die von uns verlangte Prüfung eine Antwort gegeben. Und Zweifel an der Aussage des OB kann man durchaus haben, denn:

  1. Die Städte Regensburg sowie Limburg an der Lahn, die zuletzt Umweltzonen eingerichtet haben, hatten die Maßnahme jeweils zuvor in ihre LPRs aufgenommen. [4, 5]
  2. Das für den Verkehr zuständige Wirtschaftsministerium des Landes hat uns in einer E-Mail mitgeteilt, dass die Grundlage dafür, dass eine Umweltzone durch eine Verkehrsbehörde ausgewiesen werden kann, deren (Zitat) „Festlegung in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen“ ist.

Aus unserer Sicht ist damit bislang kein einziges belastbares Sachargument gegen unseren Antrag hervorgebracht worden. Zumal der OB die (den Radverkehr erheblich behindernden) Absauganlagen am THR ja noch mit dem Argument des Gesundheitsschutzes der Anwohner*innen begründet hat. Aber er dreht die Argumente eben immer so, wie sie ihm gerade passen: Absauganlagen dienen allein der Gesundheit (und nicht dem ungehinderten Weiterfahren auch der schmutzigsten Diesel) [1] während Umweltzonen nicht gehen, weil sie ja den Verkehr über Gebühr einschränken würden (siehe „Debatte im Video auf Youtube“ unten).

Das Alles ist sehr ernüchternd, aber selbstverständlich arbeiten wir weiterhin daran, dass die Luft in Kiel sauberer wird. Die Wut-Reden der SPD indes halten wir gerne aus, denn den Mächtigen auf die Finger zu schauen, genau dafür sind wir gewählt worden!

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Links und Debatte im Video:

Die ganze Debatte zum Antrag „Umweltzonen prüfen“ im Video auf Youtube: https://youtu.be/ngUIQTDIZ-U

[1] Aussage des OB im Rahmen der Ratsversammlung am 20.08.2020 (Video auf Youtube): https://youtu.be/RPfL-pxIBsg?t=1129

[2] Umweltzonen prüfen, Drucksache 0752/2020, Ratsversammlung 17.09.2020: https://ratsinfo.kiel.de/bi/vo020.asp?VOLFDNR=24291

[3] Umweltbundesamt (UBA), UMID Umwelt und Mensch – Informationsdienst, Nr. 4/2011, Seite 7: https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/515/publikationen/umid0411.pdf

[4] Luftreinhalteplan für das Gebiet der Stadt Regensburg, 2. Fortschreibung, November 2017, S. 26, Kapitel 4.3.1, Einführung einer Umweltzone: https://www.regensburg.de/fm/121/luftreinhalteplan-regensburg-2-fortschreibung.pdf

[5] Luftreinhalteplan für das Gebiet Mittel- und Nordhessen, November 2017, S. 44, Kapitel 8.1.7, Einführung einer Umweltzone: https://www.limburg.de/media/custom/2212_5483_1.PDF?1511954288

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